Erwin Zachl ist ein in Steyr lebender Permakultur-Experte, der Naturwahrnehmung und Naturbegehung mit Leib und Seele lebt. Bereits im Jahr 1974 bewirtschaftete er seinen Garten in Biokultur. Im Jahr 1996 setzte Erwin erste Permakultur-Schritte, stellte in 2001 gänzlich auf Permakultur um und lebt nach diesem Konzept bis zum heutigen Tag.
Erwin Zachl unterrichtet in der gesamten D-A-CH Region von Hamburg bis Südtirol. Auch Kroatien, und Tschechien aber auch Dänemark gehören zu seinen bereisten Ländern, wo er unterrichtete. Mit mir sprach Erwin Zachl über die Grundprinzipien der Permakultur und über seinen Weg zu dieser holistischen Lebensweise im Einklang mit der Natur.
Erwin, du hast einen großen Umbruch durchlebt…Das stimmt. Im Jahr 2001 fand meine persönliche Neuausrichtung statt. Ich war bis dorthin in der IT-Branche als Techniker tätig. In dieser Zeit fand in dem Wirtschaftszweig ein Umstrukturierungsprozess statt, mit dem ich nicht mehr mithalten konnte und ich verabschiedete mich folglich aus diesem Bereich. Zugleich startete ich eine einwöchige Österreichwanderung, um mir über meine zukünftige Ausrichtung Gedanken zu machen. Meine Kernfrage dazu war: Welche Tätigkeiten möchte ich in meinem Leben ausüben, die mich auch in ein paar Jahrzehnten noch mit Lebensfreude erfüllen. Ich erinnerte mich an meine ersten Gartenarbeiten in meiner Kindheit. Hierfür wurden mir die Grundlagen von meiner Großmutter und meiner Mutter vermittelt. Dem wollte ich nun genauer nachgehen.
Diese einwöchige Klausur war der Neustart für meine nächsten 20 Lebensjahre. Heute bewirtschafte ich einen kleinen privaten, ortsüblichen Garten und lebe vor, wie das Prinzip Permakultur auch auf städtischem und stadtnahem Grund und Boden funktioniert. Dieses Wissen trage ich im Rahmen meiner zahlreichen Vorträge an interessierte Mitmenschen heran.
Wie bist du genau zur Permakultur gekommen? Im Jahre 1996 hörte ich einen Vortrag des ökologischen Visionärs Sepp Holzer. Seine Inhalte fesselten mich, ich ging seinen Themen weiter nach. So kam ich zu Marlies Ortner. Dazumal war sie eine der großen Fachfrauen der Permakultur. Ich absolvierte im Jahr 2003 ihre Grundausbildung. Bis dahin war ich als Autodidakt bereits intensiv in der Permakultur tätig. Das theoretisch-praktische Grundlagenwissen war die ideale Ergänzung für mein Tun. Das Thema Weidenbau hat mich derart fasziniert, dass ich bereits am Ende meiner Ausbildung mein Wissen an andere Interessierte auf professionelle Art und Weise weitergab.
Du bist ein absoluter Praktiker. Ja, jedes Wissen, das ich weitergebe, habe ich zuvor selbst bei mir ausprobiert. Es ist für mich wichtig, genug Selbsterfahrung zu sammeln, ehe ich die Information verbreite.
Ein Beispiel: Meinen ersten im Garten befindlichen Lehm-Backofen habe ich im Jahr 2003 nach einem Workshop zum Backofenbau allein geschaffen. Jeden einzelnen Handgriff habe ich für mich mehrmals durchgespielt. Im Laufe meiner Wissensweitergabe habe ich europaweit etwa 40 Backöfen errichtet.
Wer waren deine drei richtungweisenden Begleiter? Diese waren in den letzten Jahrzehnten Bill Mollison, Begründer der Permakultur, der dafür 1981 den alternativen Nobelpreis erhielt, Joe Polaischer, er war in vielen Entwicklungsländern unterwegs und gab das daraus entstandene Permakultur-Wissen an mich weiter und die bereits genannte Marlies Ortner. Durch sie erhielt ich auch die Sicherheit in meinem Tun.
Wie ist die Permakultur zu verstehen? Es ist mitunter ein ganzheitlicher philosophischer Zugang, lautet Permakultur doch „permanent agriculture“, also stetes Wirken im Agrarbereich. Darin enthalten sind der umsichtige Umgang mit unserer Lebensweise, unserem Landschaftsraum und unserer regionalen Wirtschaft. Mir bietet Permakultur Hilfestellung, meinem ökologisch-ethischen Anspruch näher zu kommen. Dieser entstammt den drei Grundsätzen: Achte auf die Erde, achte auf deine Mitmenschen, begrenze das Wachstum und gib deine (geistigen) Überschüsse weiter.
Jede Planung, die ich in meinem gesamten Lebensalltag führe, orientiert sich an diesen drei Grundsätzen. Diese Permakultur-Planung hilft, mir Zeitressourcen zum Lernen von und in der Natur zu schaffen.
Der Begriff beschreibt ja ein ökologisches System, das sich letztendlich selbst erhält. Kannst du uns ein Beispiel nennen? Ich möchte den Lesern vorab einen Leitsatz mitgeben: Permakultur ist Tangotanzen mit der Natur, bei dem die Natur führt. Wir tanzen gemeinsam, müssen aber bereit sein, uns von Mutter Natur vertrauensvoll führen lassen. Wenn ich diese Anschauung akzeptiere, gewinnt der Mensch als Teil der Natur auch eine andere Bedeutung. Dann gibt mir die Natur stets richtige Antworten auf meine Fragen. Diese Bedeutsamkeit umfasst alle Lebenslagen, auch die der Wirtschaft oder der Psychologie.
- Erstes Beispiel: Widmen wir uns der Frage, wie ein gesunder Boden in einem Garten aussieht. Im ersten Schritt schicke ich meine Kursteilnehmer in einen lichten Wald, damit sie die dort vorhandene Erde mit eigenen Händen erfühlen und dadurch selbst erfahren können, wie dieser Boden auch zu Hause im Garten beschaffen sein sollte.
- Zweites Beispiel: Laubfall im Herbst. Die herabfallenden Blätter von Bäumen besitzen unterschiedliche Qualitäten. Die Nussblätter (Juglans regia) enthalten viele Gerbstoffe und sind daher sehr speziell. Der Wind sorgt dafür, dass das Blattwerk unterschiedlich vermischt wird und dadurch eine einheitlich brauchbare Laubmischung entsteht. Diese Laubmischung verwende ich persönlich an jenen Orten, wo sie gut wirken. Für Himbeeren, wo ich einen Konkurrenzwuchs anderer Pflanzen reduzieren möchte (Anm.: Stichwort Wachstum begrenzen) verwende ich nur die besagten Nussblätter.
Aktuell nehme ich um mich herum leider viele Aktivitäten wahr, wo gegen die Naturprinzipien gearbeitet wird. Das Arbeiten im Einklang mit der Natur ist ein hehres Ziel, das nur schwer erreicht werden kann. Es ist Versuch und Wirkung während unseres gesamten Lebens.
Wie hat sich dein Ernährungsverhalten aufgrund der Permakultur-Lebensweise verändert? Eine der markantesten Veränderungen war die Saisonalisierung. Ich lebe im Jahresrhythmus und esse nur dann Obst und Gemüse, wenn diese in meiner Umgebung erntereif sind. Ich würde im Winter nie Erdbeeren (Fragaria x ananassa) oder Tomaten (Solanum lycopersicum) aus fernen Ländern einkaufen oder essen. Mir ist der regionale Bezug sehr wichtig. Essen ist aus meiner Sicht eine regionale Angelegenheit. Die heimische Ackerbohne (Vicia faba) war bis in die 60er Jahre für uns ein Grundnahrungsmittel und bot eine gut verdauliche Nahrung. Ich bin der Meinung, dass Nahrung einem Schlüssel-Schloss-Prinzip entspricht. Demzufolge werden die Nährstoffe heimischer Pflanzen von unserem Körper besser resorbiert, da wir die in den Pflanzen enthaltenen Stoffe intuitiv kennen.
Permakultur ist Denken in Zusammenhängen und Wechselwirkungen. Wie sieht es mit dem maschinellen Einsatz im Garten oder am Feld aus? Es sollte mehr Energie gewonnen als investiert werden, zumindest sollte der Energieaufwand gleichbleibend sein. Permakultur ist nicht fahrzeugfeindlich. Es sollten aber bei der Arbeit auch die kleinsten Lebewesen und die Bodenbeschaffenheit mitberücksichtigt werden. Ein zu hohes Gewicht eines Traktors verdichtet den Boden und macht es Lebewesen schwer, den Boden für die Pflanzen aufzubereiten. Es geht also um ökologische Ökonomie. Weiters erschaffe ich mit meinem Tun einen Vorrat aber auch einen Überschuss, aus dem etwas Neues für meine nachfolgenden Generationen entstehen kann. So gebe ich den bereits genannten Überschuss wieder weiter.
Für welche Zielgruppe ist Permakultur geeignet? Grundsätzlich ist Permakultur für alle Mitmenschen offen. Für ökologisch orientierte Menschen ist die Permakultur wie geschaffen, die mit „Low Impact“ und „High Output“ Methoden zu ihrem Essen kommen möchten.
Welches Gemüse baust du an? Ich verfüge über eine sehr große Artenauswahl. Auszugweise habe ich 45 Sorten Tomaten (Solanum lycopersicum), 16 Sorten Paprika (Capsicum annuum var. annuum) und Pfefferoni (Capsicum annuum), Auberginen (Solanum melongena), Pflücksalate (Lactuca sativavar. crispa), Grünspargel (Asparagus officinalis), Grünkohl (Brassica oleracea var. sabellica), Erbsen (Pisum sativum), Bohnen (Pisum sativum), Kürbisse (Cucurbita pepo), Zucchini (Cucurbita pepo subsp. pepo convar. giromontiina) und Gurken (Cucumis sativus) viele Kräuter wie Schnittzwiebel (Allium fistulosum) bis Schnittknoblauch (Allium tuberosum). Bei den Heilpflanzen finden sich bei mir Johanniskraut (Hypericum perforatum), Mutterkraut (Tanacetum parthenium), Wermut (Artemisia absinthium) aber auch der einjährige Beifuß (Artemisia annua) in meinem Garten.
Lieber Erwin, vielen Dank für deine Zeit.
Erwin Zachl bietet Spezialisierungsvorträge zum Thema Permakultur wie Saatgutvermehrung, Vitalversorgung ohne eigenen Garten (mit einer Naturwanderung), Kompostierung und Terra preta, Heilmittel für Pflanzen aber auch andere Vortagskonzepte an.
Eine Auswahl an Saatgut von Wurzelgemüse oder Fruchtgemüse ist bei Erwin erhältlich. Seine Jungpflanzen verkauft Erwin auf Pflanzenmärkte im Mai. Seinen Permakultur Garten kann man nach Vorabsprache Nähe Steyr kostenpflichtig besichtigen.
Kontakt: permakultur@bio-ernteland.at, 0699/12.03.27.36
Literaturtipp: Permakultur konkret - Entwürfe für eine ökologische Zukunft, Autor Bill Mollison