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BEE careful: Nachricht vom Bienenvolk

Gerhard und Christine Russmann, Inhaber einer Bioimkerei in der Region Nationalpark Kalkalpen, haben mit dem Imkern 1983 begonnen. Innerhalb weniger Jahre stellten sie ihre Arbeit mit den Bienenvölkern auf professionelle Beine: zu den anfänglich 40 Bienenstöcken, die Familie Russmann von Gerhards Eltern übernommen hat, kamen bis in die 90er Jahre etwa 650 weitere Stöcke dazu. Seinen Grundberuf als Mechaniker kehrte Gerhard noch vor der beruflichen Neuausrichtung den Rücken und schloss die Imkerschule in Graz mit der Meisterprüfung ab. Nun konnte er sich mit ganzer Leidenschaft auf die Imkertätigkeit konzentrieren.

 

Die Bioimkerei Russmann hat sich auf die Produktion reiner Naturhonige spezialisiert und weicht Massenkulturen wie Sonnenblume (Helianthus annuus), Raps (Brassica napus) und Mais (Zea mays) aus. Dadurch ist der Ertrag ihres Honigs zwar viel geringer als die soeben genannten Kulturtrachten (Anm.: Tracht ist die von den Bienen eingetragene Nahrung), deren ausgezeichnete Qualität ist dafür unverwechselbar. Ich habe mich mit Christine und Gerhard über die besonderen Aspekte ihrer Imkertätigkeit unterhalten.

 

Christine und Gerhard, seit wann seid ihr als Bio-Betrieb tätig? Wir haben unsere Imkerei kurz nach der Übernahme der Bienenstöcke in den 80er Jahren auf Bio umgestellt. Mit dieser Ausrichtung gehörten wir zu den ersten Betrieben. Allerdings stand für uns immer der enge Bezug zur Natur an erster Stelle. Der Biogedanke spielte dabei eine untergeordnete Rolle.  

 

Wie viele Bienenstöcke betreut ihr heute? Derzeit verfügen wir über 385 Stöcke. Diese sind an 30 verschiedenen Standorten aufgestellt. Darunter haben wir Wanderbienenstände, das heißt, die Bienenstöcke werden im Laufe des Jahres an andere Standplätze gebracht. Sie werden von uns zu den bestblühenden Pflanzenwelten gebracht. Beispielsweise stehen unsere Wanderbienenstände im Tannenreichen Kobernaußerwald. Sie sind auch im Pusterwald in den Triebener Tauern aufgestellt. Aufgrund dieser besonderen Höhenlage von etwa 1.600m können wir aus der dort wachsenden Alpenrose (Rhododendron ferrugineum), eine Charakterpflanze der Alpen, unseren seltenen Hochgebirgsblütenhonig herstellen. Unser Ziel ist es, unseren Bienenvölkern die Besonderheiten einer vielfältigen Natur zu bieten. Ist die Natur intakt und die Artenvielfalt der Pflanzen aufrecht, sind die Bienen glücklicher und ihr Honig wird runder und aromatischer. Bei unseren Honigsorten sind im Übrigen immer kleine Aspekte anderer Pflanzenarten enthalten. Je vielfältiger die Inhalte des Honigs sind, desto besser ist er für uns.

 

Auf alle 385 Bienenstöcke ein pflegendes Auge zu haben klingt sehr zeitaufwendig. Ja, Imker zu sein bedeutet sich vollkommen auf die Bienen einzulassen. Wir sehen alle 14 Tage bei jedem Bienenstandort nach dem Rechten. Für eine Bienenvolkwanderung stehen wir sogar in der Nacht auf, um die Bienen zu ihrem neuen Standort zu bringen. Es braucht dann zwei Tage, bis sich das Bienenvolk neu verortet, die Gegend im Hinblick auf nektarreiche Pflanzen ausgekundschaftet hat und das Volk zum Nektarholen starten kann. Dabei spielt die Nektarmenge einer Pflanzenart die entscheidende Rolle, welcher Baum, Strauch oder welche Blüte letztendlich von den Bienen besucht wird.    

 

Wie kann man sich die Imkerarbeit im Jahreskreislauf vorstellen? Wir sind ununterbrochen beschäftigt. Die ersten Tätigkeiten beginnen im Jänner. Wir kontrollieren, ob das Bienenvolk gut über den Winter kommt, ob die Königin bei Kräften ist und Eier legt und ob das Bienenvolk genug Futter hat. Das verabreichte Biozuckerwasser ist für die Biene genauso wertvoll, da sie diese Nahrungsquelle direkt in Wärme umwanden kann. Die Biene beginnt auszufliegen, sobald eine Tagestemperatur von 12°C erreicht ist. Im März beginnen wir, die Bienenstock-Räumlichkeiten der Bienenstärke anzupassen, die ständig wächst. Ein Bienenvolk zählt im Winter zwischen 17.000 bis 20.000 Bienen und im Sommer 85.000 bis ca. 150.000. Die Zahl ist Trachtabhängig und in welchen Raumgrößen geimkert wird. 

 

Mit der Pollenernte sind wir dann von Anfang Mai bis ca. Mitte Juni beschäftigt. Wenn die Honigtracht beginnt, beenden wir das Pollensammeln. Die Bienen erhalten von uns Honigraum, also einen zusätzlichen Platz, um ihren Honig einzulagern. Bienen sammeln Honig bis ungefähr Anfang August, bei der Tannentracht erfolgt dies etwas länger. 

Im Herbst müssen wir nach der Honigentnahme zum Bienenschutz gegen die Varoamilbe arbeiten. Diese aus Asien eingebrachte Milbe ist eine Bedrohung für die heimische Honigbiene, parasitiert sie und die Bienenbrut und schädigt das Bienenvolk. Wir behandeln sie mit natürlichen Mitteln wie Oxalsäure, Ameisensäure und verschiedenen Thymianpräparaten. Nur ein gesundes Bienenvolk kommt über den Winter. Zuletzt füttern wir die Biene mit Zuckerwasser ein. Im Winter dient dies zum Wärmen des Bienenvolkes. Bienen halten eine Winterruhe und keinen Winterschlaft. In Traubeform halten die Bienen durch Flügelreibung eine konstante Temperatur und wechseln ihre Position durch. Die Bienenkönigin residiert in der Mitte.

 

Arbeitet ihr mit Schutzanzügen? Nein, wir arbeiten Großteils ohne Schutzbekleidung. Uns ist es wichtig, einen direkten Bezug zu den Bienen zu haben. Aber wir verwenden einen Raucher. Der Rauch ist für die Bienen ein Signal „es ist etwas los“. Die Folge ist, dass sie etwas träge werden, sie ziehen sich zurück und warten ab, was passiert. Wir nehmen sie in solch einer Phase als ruhiger wahr.

 

Wie entsteht nun Honig? Durch Ventilation mit den Bienenflügeln wird der Wassergehalt des eingebrachten Nektars reduziert, man nennt dies ausreifen. Ist er reif, verdeckelt die Biene den Honig in den Waben und macht ihn als solchen haltbar. Wenn wir die Rähmchen (Honigwaben) entnehmen, werden die Waben entdeckelt und geschleudert. Dann wird der Honig in Edelstahlfässer bei konstanter Temperatur gelagert und nach Bedarf in Gläser abgefüllt und etikettiert. Honig kann eingefroren werden, um den Kristallisationsprozess zu unterbrechen. Er verliert nicht an Qualität, bleibt im Glas flüssig. Der Wassergehalt in unserem Honig umfasst zwischen 14% und 16%. Honig ist problemlos drei bis vier Jahre lang haltbar.

 

Bleiben wir bei den Bienenprodukten: Was ist das Besondere an Blütenpollen? Der Pollen ist für uns eine gute Nahrungsmittelquelle. Er enthält sehr viele besondere Inhaltsstoffe: als Beispiel seien Vitamin A, Vitamin B und viele Spurenelemente genannt. Es ist dies eine intensive Aufbau- und Kraftnahrung, wird für die Biene als Babynahrung verwendet, damit sie leistungsfähig wird. Für uns Menschen ist der Pollen noch hochwertiger als Honig. Der eher geschmacksneutrale Pollen kann überall beigefügt werden, etwa auf Topfenbrot, in Müslis oder andere Nahrung. Pollen dient zur Nahrungsaufwertung.

 

Welche Bienenprodukte bietet ihr gesamt an? Wir haben Pollen, Propolis, Gelée Royale, verschiedene Honigsorten, Kerzen, Honigwein, Bienenbrot. Kosmetisch bieten wir Lippenbalsam und Bienenwachstücher in unserem Sortiment an.

 

Die Apitherapie, das Heilen mit Bienenprodukten, ist auf dem Vormarsch. Mit welchen Mitteln hat sich ein gesundes Arbeiten bewährt? In der Apitherapie besteht die Möglichkeit, mit allen Bienenprodukten medizinisch tätig zu werden. Honig wird beispielsweise im Wundmanagement angewandt. Hier habe ich schon von sehr guten Erfahrungen gehört.

 

Stichwort Bienenstich - Was können verängstigte Mitmenschen tun, wenn sich ihnen eine Biene nähert? Wenn die Biene uns Menschen begegnet, reagiert sie in erster Linie auf das Haar und fliegt herum, um eine mögliche Gefahr abschätzen zu können. Dies entspricht ihrem Urinstinkt, da ihr ursprünglicher Feind der Bär mit seinem Fell gewesen ist. Am Flugton erkennen geübte Imker, ob die Biene stechbereit ist oder nicht. Mein Tipp an betroffene Mitmenschen: einfach ruhig bleiben, wenn sich die Biene nähert. Sie sondiert lediglich die Lage. Tritt nun jemand auf den Stachel, soll dieser sofort entfernt werden. Eine Erste Hilfe Maßnahme sind das Auftragen der Blätter von Spitzwegerich (Plantago lanceolata) und Breitwegerich (Plantago major). Der Stechschmerz nimmt anfänglich zu. Damit geht eine Schwellung einher, was eine natürliche Reaktion des Körpers darstellt. Hier besteht kein Grund zur Besorgnis.

 

Welcher Aspekt eines Bienenvolkes beeindruckt dich, Christine, besonders? Die Organisation der Zusammenarbeit fasziniert mich am meisten. Dringt zum Beispiel eine Wespe oder eine Hornisse – beide sind Fleischfresser – in das Volk ein, stürzen sich einige Bienen auf den Eindringling und knäueln ihn richtig ein, um mit ihm wegzufliegen. Mit ihrer Flügelmuskulatur erzeugen die kämpfenden Bienen Hitze, sodass der Feind handlungsunfähig wird. Diese Tatkraft vollziehen sie, um ihre Königin zu retten.   

 

Zu guter Letzt: Habt ihr einen Tipp für ein einfaches Rezept mit einem Bienenprodukt für uns? Als Tipp sei die Zubereitung einer Salbengrundlage genannt:  Bio-Bienenwachs wird mit einem natürlichen Pflanzenöl bzw. einem Auszug mit einer Pflanze wie Ringelblume (Calendula officinalis) zubereitet. Es ist dies ein sehr wertvoller Grundstoff, der für die Selbstpflege in vielen Bereichen eingesetzt werden kann.

 

Liebe Christine, lieber Gerhard habt vielen Dank für unser Gespräch.    

 

Webseite: Bio-Imkerei Russmann | BIO AUSTRIA (bio-austria.at)

 

Die Bienenprodukte können bezogen werden: nach telefonischer  Voranmeldung gibt es einen  Vorort Verkauf, über Netzwerk Steyr, Haag, unser Bioladen Lukas Reiter in Dietach, Reformhaus Drack in Gmunden, Schutzengel Apotheke in Linz Promenade, Müli Bauernladen Linz Pfarrplatz, Liebstöckel Urfahr Hauptstraße. Unseren Honig beliefern wir in verschiedene Billa- und Sparmärkte im Raum Oberösterreich.

In meinen Workshops und Kursen arbeite ich unter anderem mit hochwertigem Bienenwachs und Honig