· 

Klarfühlen

Das Jahr 2020 ist fast vorüber. Viele Mitmenschen nutzen diese Tage für eine innere Einkehr, um die vergangenen Monate Revue passieren zu lassen und für sich Bilanz zu ziehen. Vielleicht bist auch du der Mensch, der gerne eine Rückschau hält: Welche Momente der Freude, des Frohsinns, der Lebenslust hat es in deinem Jahr 2020 gegeben? Welche Momente waren von Angst, Trauer und Wut geprägt? Nun wirst du die Ereignisse vermutlich vor deinem geistigen Auge aneinanderreihen. Es ist an deinem eigenen Leib wahrhaft Erlebtes, das bei diesen Gedanken in dein Bewusstsein kommt und für einen Eintrag auf deiner Positiv- oder Negativliste zur Verfügung steht. Am Ende der Bilanz siehst du, welche Seite überwiegt. Die Seite mit positiven Einheiten oder jene mit den negativen.

Ich möchte deine Aufmerksamkeit aber nach vorne lenken. Für mich ist es derzeit sehr schwierig, einen klaren Blick nach 2021 zu bekommen. Grundsätzlich visualisiere ich gerne, habe Wünsche, Herzensprojekte, berufliche und private Pläne, die ich mir vergegenwärtige und mit diesen gut verinnerlichten und verankerten Vorhaben in das neue Jahr starte. In einer so intensiven Zeit, wo das einzig Beständige lediglich der Wandel ist, kann es durchaus schwierig sein, das Boot des Lebens sicher und souverän zu steuern. „Dem weht kein Wind, der keinen Hafen hat, nachdem er segelt.“ Ja, so fühlten sich manche Tage dieses Jahres  für mich an: nebelig, trüb, diffus, finster, dunkel, undurchsichtig, richtungslos, endlos. Ein KLARSEHEN erschien da unmöglich.

 

Nun hatte ich am Abend des 21. Dezember, dem Tag der Wintersonnenwende, ein wunderbares Erlebnis, das ich gerne mit dir teilen möchte. Die Wintersonnenwende ist jener Tag, wo die längste Nacht und der kürzeste Tag einander begegnen. Die größte Dunkelheit hielt also Einzug. Es ist mythologisch betrachtet auch jener Moment, wo das Licht neu geboren wird, mit fortschreitender Zeit immer mehr an Kraft gewinnt und der Dunkelheit die Stirn bietet. So stand ich in meiner Wohnung und schaltete alle Lichtquellen aus. Ich wollte die Dunkelheit am eigenen Körper erspüren, ehe ich ein Licht entzündete. Es war vollkommen dunkel, sodass meine Augen trotz größter Anstrengung keine Konturen ausmachen konnten. Ich war in diesem Augenblick völlig blind. Mein Verstand fand keine Orientierung. „Wie soll ich wissen, in welche Richtung ich mich in welchem Tempo bewegen soll, wenn ich nichts sehen kann?“ So stand ich nun ohne KLARSEHEN dar, spürte, wie mein Herz schlug, mein Körper in seinem Stressmodus bebte. Ich begann bewusst und langsam zu atmen – ein und aus, ein und aus. Mein Innen wurde ruhig. Da wurde mir eine Erkenntnis zuteil, die mich aus diesem Gefühl der Hilflosigkeit und der Ohnmacht herausmanövrierte.

 

Ich konnte alle drei Uhren in unserer Wohnung so deutlich wahrnehmen, als würden sie direkt neben mir stehen und ticken. Diese Uhren sind aber in unterschiedlichen Räumen verteilt und 20 Meter weit entfernt. Und doch schienen alle so nahe zu sein, dass ich ihren Rhythmus über meinen Körper aufnehmen konnte. Es war vielmehr als ein „die Uhren hören“ Ich spürte förmlich das Ticken dieser Uhren IN mir. Das muss KLARFÜHLEN sein! So muss es sein, wenn ich durch achtsames Atmen und in mich Spüren zur Ruhe komme und ich mein Umfeld über meinen gesamten Körper wahrnehmen kann. Mit diesem Klarfühlen kann ich mir auch Zugang zum Klarsehen verschaffen, dies aber anhand unterschiedlicher Orientierungsanker von innen heraus. Dies geht, ohne mit meinen Augen etwas tatsächlich zu sehen.             

 

Mir fallen zu dieser besonderen Erfahrung zwei wunderbare Zitate ein, die ich vor Jahren gehört habe. „Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“ aus „Der kleine Prinz von Antoine de Saint-Exupéry“. Für mich steht dieses Zitat stellvertretend für unsere Gefühlsebene, die wir in einer Welt der Dinge, auch als Materialismus bezeichnet, keinesfalls außeracht lassen sollten. Zu welcher Umgebung, welchen Menschen, welchen Themen, welchen Vorhaben zieht es dich demnach hin? Was tut dir gut? Was nährt deine Seele? Was berührt und bewegt dein Herz?

 

Das zweite Zitat entstammt einem Gedicht von Charlie Chaplin anlässlich seines 70. Geburtstages, das an ihn selbst gerichtet war: „Als ich mich selbst zu lieben begann, da erkannte ich, dass mich mein Verstand durcheinanderbringen und krank machen kann. Aber als ich ihn mit meinem Herzen verband, wurde mein Verstand zu einem wertvollen Verbündeten. Heute nenne ich diese Verbindung Weisheit des Herzens.“ Bei diesem Zitat werden nach meinem Verständnis Verstand (stellvertretend für das Klarsehen) und Herz (stellvertretend für das Klarfühlen) gleichermaßen um ihre Meinung befragt. Es braucht beides, um gut zentriert zu sein und letztendlich die besten richtungsweisenden Entscheidungen für sich treffen zu können.

 

Ich wünsche dir für 2021, dass du deinen Verstand mit deinem Herzen gut verbinden und dass du die Gabe des KLARFÜHLENS für dich entdecken kannst. So wird es dir auch in Zukunft möglich sein, deine Segel in die richtige Richtung zu setzen und erfolgreich durch trübe und turbulente Gewässer zu steuern.  

 

Übrigens: Das zur Ruhe kommen, sich Zentrieren, Herz und Verstand in Einklang bringen, sind Elemente, mit denen ich mich in meiner kinesiologischen und beratenden Tätigkeit beschäftige. Melde dich, wenn du an meiner Arbeit Interesse hast. 

 

In diesem Sinne sende ich dir ganz herzliche und gesunde Neujahrsgrüße.