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Aus dem Kräuterschatz der St. Berthold Apotheke Garsten

Seit knapp 70 Jahren besteht in Gasten bei Steyr die Sankt Berthold Apotheke. Seit 24 Jahren wird sie in dritter Generation von der Pharmazeutin Mag. Susanne Wimmer geführt. In ihrem Apothekenservice wird Frau Wimmer von ihrem Team aus 16 MitarbeiterInnen unterstützt. In ihrem umfangreichen Sortiment nehmen heimische Heilkräuter und Heilkräutermischungen (Traditionell Europäische Medizin, TEM), homöopathische und spagyrische Mittel, ätherische Öle sowie Blüten- und Edelsteinessenzen und Schüssler Salze einen gewichtigen Platz ein. Darüber hinaus haben Kräuter der Traditionell Chinesischen Medizin (TCM) ihren angestammten Platz. Ich habe mich mit Susanne Wimmer unterhalten, um mehr über ihre ganzheitlich ausgerichtete Apotheke, speziell bezogen auf das Sortiment der Heilkräuter, zu erfahren.

 

Frau Wimmer, bitte erzählen Sie ein wenig von Ihrem Werdegang.

Von meinem Großvater und Vater habe ich die Sankt Berthold Apotheke übernommen. Auch die Begeisterung für die Naturheilkunde wurde mir von ihnen in die Wiege gelegt. Bereits neben meinem Pharmaziestudium in Wien habe ich komplementärmedizinische Ausbildungen absolviert. Ich habe mich sehr viel mit Homöopathie und Bachblüten beschäftigt. Ihr Einsatz in meiner Apotheke und der damit einhergehende Erfolg zeigten mir, dass ich auf dem richtigen Weg bin.

Ich habe mir viel Wissen über Seminare und Workshops zu unterschiedlichsten Themen angeeignet, um diese Erfahrung in mein Apothekendasein zu integrieren. Vertieft habe ich mich in Aromatherapie, Farbtherapie, und in Edelsteinessenzen. Meine Apotheke führte erstmalig die Aura Soma Produkte in ihr Sortiment ein (Anm.: energetisches Farb-Pflege-System für Körper, Geist und Seele). Das war dazumal in Österreich ein Novum. 

Um die fernöstliche Heilkunde in meine Apotheke hereinzuholen habe ich eine TCM-Ausbildung in Wien erfolgreich absolviert.

 

Wie sieht Ihr beruflicher Alltag als Apothekenbesitzerin genau aus?

Es gibt für mich sehr viel zu tun. Die Bedienung der Kunden übernimmt mein Team, so kann ich mich auf andere Bereiche konzentrieren. Die Führung einer Apotheke erfordert viel organisatorisches Geschick. Ich erledige die Tageslosung, auch das Controlling erfordert sehr viel Zeit. Viel Zeit nimmt meine Teilnahme an nationalen oder internationalen Kongressen in Anspruch, um mich über neueste Entwicklungen im Bereich der Komplementärmedizin zu informieren. Mein Anspruch ist es, innovative Maßnahmen in mein Apothekenkonzept einzuflechten.

Ab Ende September wird es daher bei uns einen Automaten geben, wo Kunden rund um die Uhr unterschiedliche Apothekenprodukte erwerben können: dazu zählen phytotherapeutische Arzneien aber auch firmeneigene Erzeugnisse wie Heilkräutertees, Pastillen, Gesichtscremen und vieles mehr.

 

Sie und Ihr Team sind ausgewiesene ExpertInnen für Heilkräuter. Wie haben Sie sich dieses Wissen angeeignet?  

Das geht weit über die pharmazeutische Ausbildung hinaus. Ich habe unzählige Seminare besucht, mir Wissen durch Fachliteratur selbst angeeignet und viel an mir ausprobiert. Viel Wissen wurde innerhalb meiner Familie weitergegeben. Mein Vater hat unzählige Hausspezialitäten entwickelt. Ich bin im Besitz alter Rezepturen, die sich bewährt haben, die wir noch heute in unserem Sortiment anbieten. So ist das Schwedenbitter-Tonikum ein Rezept meines Großvaters. Unsere unterschiedlichen Tonika und unser Hustensaft sind Rezepturen meines Vaters. Wir bieten einen selbstgemachten homöopathisch zubereiteten Weißdornwein (Crataegus) zur Herzstärkung an. Wir potenzieren diesen noch selbst von Hand. Mein Vater ist mit seinen 86 Jahren auch heute ein leidenschaftlicher Pharmazeut. In seinen Privaträumen experimentiert und tüftelt er unverändert weiter und überlegt mit mir, welche Rezepte wir KundInnen anbieten können. 

 

Kräuter sind Teil eines jahrtausendealten Gesundheitskonzepts, das über verschiedene Kulturen hinweg Bestand hatte. Aus Ihrer persönlichen Sicht: Welchen Stellenwert haben Heilkräuter in unserer heutigen Zeit?

Meiner Wahrnehmung nach ist der Stellenwert in unserer Gesellschaft noch viel zu gering. Wo Pflanzen rasch Hilfestellung leisten können, also bei kleineren Symptomen, kommen oftmals bereits pharmazeutische Mittel zum Einsatz. Wenn ich homöopathische Mittel beispielsweise bei Zahnschmerzen korrekt einsetze, kann eine ebenso rasche Wirkung erzielt werden. Kräutertees leisten auch sehr gute Dienste.

Was viele im Übrigen nicht wissen, ist, dass viele arzneiliche Präparate und deren Wirkung ihren Ursprung in der Pflanzenwelt haben, wo im Laufe der Zeit die Wirkstoffe isoliert und synthetisch aufbereitet wurden. Klassische Beispiele sind das Aspirin aus der Weidenrinde (Salix), im Lebermittel Legalon findet sich der leberstärkende Extrakt der Mariendistel (Silybum marianum) wieder. Es gibt Präparate die Digoxin enthalten, ein Herzglykosid, das aus dem Fingerhut (Digitalis purpurea) gewonnen wird und bei Herzinsuffizienz zum Einsatz kommt.

 

Wie viele verschiedene Kräuter der westlichen beziehungsweise der östlichen Heilkunde führen Sie in Ihrem Sortiment?

Wir besitzen insgesamt 800 verschiedene Kräuter aus der TEM und TCM. Bei den chinesischen Heilkräutern haben wir überdies hydrophile Konzentrate, Granulate und Drogen (Anm.: Bezeichnung für getrocknete Kräuter).  

 

Welche Heilkräuter werden in Ihrer Apotheke am meisten gekauft bzw. ist der Konsum jahreszeitenabhängig?

Dies sind klassische Pflanzen wie Kamille (Matricaria chamomilla), Käsepappel (Malva sylvestris), Pfefferminze (Mentha x piperita), Lindenblüte (Tilia). Auch Hustenteemischungen werden das gesamte Jahr über nachgefragt. Brennnesselkraut (Urtica dioica) wird im Frühling vermehrt gekauft, Salbei (Salvia officinalis) zum Gurgeln ist eher im Winter.

Als bekannte TCM-Pflanzen nenne ich die Chinesische Angelikawurzel (Angelica sinensis), den Ginseng (Panax ginseng), oder die Pfingstrosenwurzel (Paeonia lactiflora). TCM-Kräuter werden im Übrigen nicht einzeln gekauft, wie dies bei heimischen Kräutertees der Fall sein mag. Sie werden ausschließlich in einer abgestimmten Mischung eingenommen.

 

Als mein Großvater noch Apotheker war, hat er selbst einige Kräuter im eigenen Garten angebaut. Wir haben Pflanzen direkt von einem Bauern aus der Umgebung bezogen. Eine selbstgemachte Ringelblumensalbe haben wir gewerblich vertrieben. Solche Arbeitsschritte sind heutzutage nicht mehr möglich. Als Apothekerin darf ich ausschließlich zertifizierte Ware mit einem bestimmten Arzneimittelgehalt und Reinheitsgrad, das heißt ohne Verunreinigungen, Pestizidrückstände, uvm, bei speziellen Großhändlern kaufen.

 

Haben Sie einen Tipp, welche Heilkräuterklassiker in einer Hausapotheke auf keinen Fall fehlen sollten?

Neben den bereits genannten Klassikern empfehle ich noch die Eibischwurzel (Althaea officinalis) bei trockenem Reizhusten und Heiserkeit. Bei leichten oberflächlichen Verletzungen biete ich meinen Kunden Arnika (Arnica montana) in einer homöopathischen Tiefpotenz wie D4 oder D6 oder eine Traumeelsalbe an. Die Ringelblumensalbe (Calendula officinalis) ist ein Klassiker für leicht wunde und rissige Haut. 

 

Liebe Frau Wimmer, ich danke Ihnen für dieses Gespräch.